– Syrien

Auf Trümmern wächst der Frieden

Der Österreicher Gerald Baumgartner SJ hat zwei Jahre in Syrien verbracht, in der Jugendarbeit und als Nothilfe-Koordinator nach dem Erdbeben 2023. Mit anderen Jesuiten initiierte er ein Projekt, das neue Hoffnung in die zerstörte Stadt Homs bringen soll: „Bustan as-Salam – Garten des Friedens“.

Wie sieht der Alltag eines Jesuitenpaters in Homs aus?

Es ist schwierig, in Syrien von Alltag zu sprechen, weil man stets äußeren Bedingungen ausgesetzt ist. Das fängt schon damit an, wo und wann man Elektrizität hat, um zum Beispiel Wäsche zu waschen. Dennoch hatte ich klare Aufgaben: Ich war anfangs für 400 bis 500 Studierende und Oberstufenschüler:innen zuständig. Für sie bereitete ich wöchentlich inhaltliche Inputs und Gebete vor. Später war ich für die Organisation eines riesigen Events für 800 Studierende aus ganz Syrien verantwortlich. Schließlich wurde ich zum Leiter der gesamten Jugendarbeit ernannt und kümmerte mich um rund 1.600 Kinder und Jugendliche.

Gibt es ein bestimmtes Erlebnis aus deiner Zeit in Syrien, das dich besonders geprägt hat?

Das Erdbeben Anfang 2023 veränderte alles. Ich wusste sofort, dass mehrere Tausend Menschen in der Grenzregion obdachlos geworden waren und viele davon nach Homs kommen würden. An diesem Tag veränderte sich mein Leben um 180 Grad. So wechselte ich auch von der Jugendarbeit zur humanitären Hilfe. Blitzschnell hatten wir täglich bis zu 150 Freiwillige, die etwa 1.200 Menschen mit Kleidung und Nahrung versorgten, obwohl die Situation auch für sie schwierig war. Es war schön zu sehen, was durch zivilgesellschaftliches Engagement möglich ist und wie dankbar die Menschen waren.

Wie ist das Projekt „Bustan as-Salam – Garten des Friedens“ entstanden?

Früher standen neben unserer Kommunität zwei Jesuitenschulen, die im Krieg völlig zerstört wurden. Schon 2021 beschlossen wir, die Ruinen endlich neu zu nutzen, da wir für unsere Jugendarbeit nicht annähernd genug Platz hatten. Die Umsetzung nahm jedoch einige Jahre in Anspruch. Nun planen wir, die ehemalige Grundschule als Jugend- sowie spirituelles Zentrum zu nutzen. Es war uns hierbei besonders wichtig, dass eine Kapelle das Herz des Zentrums bildet. Den Namen „Garten des Friedens“ fanden wir passend, da die Räumlichkeiten als sicherer Treffpunkt dienen sollen, an dem junge Leute pädagogisch und spirituell betreut werden können und somit zukünftige Botschafter:innen des Friedens werden. Für die Mittelschule hingegen legten wir den Schwerpunkt auf Kultur und Sport. Sie soll als Einrichtung für alle dienen, die unsere Räumlichkeiten nutzen möchten.

Inwiefern kann der „Garten des Friedens“ Kinder und Jugendliche auf ihre Rolle als Botschafter:innen des Friedens vorbereiten?

Die zwei Zentren allein können keinen Weltfrieden herstellen. Das grundlegende Ziel ist es jedoch, zumindest direkt vor Ort durch Sicherheit, Spiritualität und Pädagogik den Frieden zu fördern.

Ab wann wird der „Garten des Friedens“ nutzbar sein?

Das Projekt nahm viel Zeit in Anspruch, da wir uns dazu entschieden, die Trümmer nicht einfach abzureißen. Stattdessen sammelten, reinigten und konservierten wir die Steine, um den Garten im alten Stil wieder aufzubauen. Wir sehen uns als kulturelle Hüter, die bestrebt sind, die Tradition der zerstörten Stadt wiederzubeleben. Die Räumlichkeiten sollen bis zum Beginn des nächsten Wintersemesters im September für die Jugendarbeit nutzbar sein. Eine größere Eröffnung ist 2025 geplant.

Seit September bist du wieder in Österreich, um dein Theologiestudium abzuschließen. Wie hat die Zeit in Syrien deine persönliche und spirituelle Entwicklung beeinflusst?

Diese Zeit hat mich verändert und mein Verständnis davon, was es bedeutet, Priester zu sein, geschärft, vor allem bezüglich der Hingabe und Bereitschaft, für andere da zu sein. Mir wurde auch klarer, wie wichtig Hoffnung für die Menschen ist und dass diese Hoffnung in Gott gegründet sein kann. Was meine persönliche Zukunft betrifft, vertraue ich Gott.

Syrien: Nachbarschaftszentren geben Halt

Nach 14 Jahren Bürgerkrieg droht Syrien eine ganze Generation zu verlieren: Sechs Millionen Schüler:innen zwischen 5 und 17 Jahren haben keinen regelmäßigen Unterricht, zwei Millionen besuchen überhaupt keine Schule. Unzählige Kinder und Jugendliche, viele von ihnen Binnenvertriebene, sind schwer traumatisiert. Nachbarschaftszentren des Jesuiten-Flüchtlingsdienst geben ihnen Halt und Perspektive

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