– Im Dialog

„Kleine Ideen machen den Unterschied“

Die Jesuiten in Zentraleuropa haben einen neuen Provinzial: Thomas Hollweck SJ hat im Juli Bernhard Bürgler SJ abgelöst. Ein Schwerpunkt seiner internationalen Arbeit: Antworten finden auf die Fragen von Migration und Klimakrise.

Lieber Pater Hollweck, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Ernennung zum Provinzial! Zunächst in eigener Sache: Haben Sie ein Lieblingsprojekt aus dem Portfolio von jesuitenweltweit?

Da ich einmal neun Monate in Mexiko gelebt habe, freue ich mich sehr, dass jesuitenweltweit das „Centro Prodh“ unterstützt, das sich für Menschen­rechte und Sicherheit einsetzt. Auch mit dem JRS Uganda fühle ich mich verbunden, da einige unserer jungen Mitbrüder dort in Flüchtlingslagern mitgeholfen haben. Was hier an humanitärer Unter­stützung, Bildung und Seelsorge geschieht, finde ich bemerkenswert.

Welche Schwerpunkte möchten Sie in Ihrer neuen Rolle setzen im Hinblick auf die internationale Arbeit der Jesuiten?

Ich denke, die Schwerpunkte haben wir schon: Nothilfe, unterstützenswerte Projekte, das große Thema der Migration. Dass Millionen von Menschen nicht mehr in ihrer Heimat leben können, weil es für sie wegen kriegerischer Konflikte, Wassermangel oder anderen Bedrohungen dort keinerlei Zukunft gibt, ist eine Herausforderung für die Menschheit.

Die Enzyklika „Laudato si‘“ von Papst Franziskus hat die Dringlichkeit eines ökologischen Bewusstseins unterstrichen. Wie können die Jesuiten dazu beitragen, dieses Bewusstsein weltweit zu stärken?

Der Beitrag reicht von eigener Verhaltensänderung über Aktionen und Projektförderung bis hin zu wissenschaftlicher Reflexion. Wichtig ist die Vernetzung mit vielen anderen Menschen und Institutionen. Oft sind es kleine Ideen, die einen Unterschied machen. Solarenergie-Projekte schaffen neue Möglichkeiten, sparen Geld, das dann wieder den Menschen vor Ort zugutekommen kann wie den Kindern bei „Concordia Tranzit“ im Kosovo. Ich finde solche kombinierten Projekte super. Es darf viele davon geben.

Die soziale und ökologische Transformation erfordert oft tiefgreifende Veränderungen im Lebensstil und in der Wirtschaft. Welche Rolle kann Spiritualität dabei spielen, Menschen zu sensibilisieren?

Für mich hat Spiritualität immer etwas mit der unmittelbaren Wirklichkeit zu tun. Spiritualität „sieht“ das Schöne, das Glück, aber sie „sieht“ auch die Not, das Elend, den Schmerz und geht damit um „vor Gottes Angesicht“. Spiritualität hat etwas mit einem tieferen, gottverbundenen Blick und dem Entdecken einer Antwort zu tun. Zugleich kann der Glaube als Fundament dazu beitragen, dass Menschen eine tiefere Motivation und Kraftquelle finden. Sich allein auf die menschliche Anstrengung zu verlassen, wird auf dem weiten Weg oft nicht reichen.

Als ehemaliger Hochschulseelsorger und Novizenmeister waren Ihre Tätigkeiten eng verknüpft mit der Arbeit mit jungen Menschen. Welche Relevanz messen Sie der dritten apostolischen Präferenz der Jesuiten „Mit jungen Menschen“ bei?

Wie wir junge Menschen so ansprechen, dass sie in aller Freiheit entdecken können, dass in der Botschaft des Evangeliums wertvolle Impulse, Orientierungen und Sinnperspektiven liegen können, ist eine der großen Zukunftsfragen. Alles, was in unseren Kräften liegt, sollten wir hier möglich machen.

Die Förderung von Bildung gehört traditionell zu den Kernaufgaben der Jesuiten. Welche Vision haben Sie für die Weiterentwicklung von Bildungsprojekten, die jesuitenweltweit unterstützt?

Bildungsangebote werden uns immer wichtig bleiben. Bildung ist ein Schlüssel für eine bessere Zukunft für Einzelne, für Fami­lien und ganze Gesellschaften. Bildung braucht es vor Ort, wo die Menschen sind, auch in Flüchtlingslagern. Mit Jesuit Worldwide Learning gibt es auch ein Projekt, das Menschen Bildungszugänge eröffnet, die sie vor Ort nicht haben. Beide Zugangsformen brauchen weiterhin Unter­stützung.

Welche Rolle spielt der Glaube für Sie persönlich in Ihrem Engagement für die Bedürftigen und in der Führung der Jesuitenprovinz?

Schon in den ersten Wochen als Provinzial habe ich erfahren, dass es viele Herausforderungen, offene Fragen und auch Konflikte gibt. Ich merke, dass ich immer wieder den „Gotteskontakt“ brauche. Der heilige Paulus spricht von einer „Kraft, die nicht von uns selbst kommt“. Von dieser Kraft bin ich überzeugt, muss mich manchmal aber wieder bewusst daran erinnern. Wo wir gemeinsam mit ihr unterwegs sind, können wir hoffnungsvoll in die Zukunft gehen und unsere eigenen Kräfte in guter Weise einbringen.

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