Kelly Michelo folgt den Prinzipien der ökologischen Landwirtschaft und wird zum Multiplikator.

 – Sambia

Die Stimme des Kleinbauern

Sprit wird teuer, Dünger knapp: Der Krieg in der Ukraine setzt Afrikas Land­wirt­schaft zu. Ein Weg aus der Krise ist die Rückbesinnung auf traditionelle Anbaumethoden. Wie das alte Wissen helfen kann, und wie das landwirtschaftliche Ausbildungszentrum KATC Sambias Bäuer:innen dabei unterstützt, erklärt KATC-Direktor Claus Recktenwald SJ.

Die letzten Monate waren für mich sehr arbeitsintensiv und es gab und gibt immer wieder neue Herausforderungen in Kasisi – und gleichzeitig sind wir auch mit den großen Herausforderungen dieser Welt direkt verbunden. Am Anfang des russischen Angriffskriegs wurden die meisten der 45 sambischen Staats­bürger, die in der Ukraine lebten, relativ schnell und problemlos evakuiert. Mittlerweile sind aber die wirtschaftlichen Auswirkungen hier in Sambia sehr deutlich spürbar – es gibt keinen wirklichen Puffer um sie abzufedern. Besonders die erhöhten Benzinpreise (seit November sind sie um etwa 60% gestiegen und über die nächste Erhöhung wird bereits spekuliert) machen der Wirtschaft zu schaffen. Das zeigt sich in steigender Arbeitslosigkeit und steigenden Preisen.

Kompost und Bokashi statt chemischer Dünger

Auch die Land­wirt­schaft ist betroffen: In Sambia gibt es keinen Agrarsprit und die Landwirte müssen das Benzin voll bezahlen. In der nächsten Saison werden die chemischen Düngemittel, deren Preis stark an den Ölpreis gekoppelt ist, für die Kleinbauern wahrscheinlich unerschwinglich sein. In dieser Situation liegt aber auch eine Chance, Politik und Kleinbauern zu überzeugen, dass Agroökologie der resilientere Weg ist. Wir versuchen die Regierung zu überzeugen, in das staatliche “Farmer Input Support Programme” auch Training für Kompost- und Bokashi-Herstellung zu integrieren. Das könnte helfen kurzfristig unabhängiger vom kostspieligen Dünger zu werden.

Um die Regierung zu überzeugen ist die Stimme der Kleinbauern selbst extrem wichtig. Mr. Kelly Michelo ist einer dieser Bauern. Er arbeitet seit langem mit KATC zusammen. Auf seiner Farm folgt er den Prinzipien der ökologischen Land­wirt­schaft. Er baut über 15 verschieden Feldfrüchte an und experimentiert selbst mit verschiedenen Fruchtfolgen und Intercropping-Systemen. Im letzten Jahr wurde seine Arbeit offiziell von der FAO anerkannt und er unterrichtet immer wieder Farmergruppen in seiner Umgebung in Agroökologie. Ziel ist es, auch mehr und mehr traditionelles Wissen über einheimische Pflanzen zu integrieren. Ein Baum aus der Familie der Wolfsmilchgewächse kann zum Beispiel verwendet werden, um Termiten von Setzlingen fernzuhalten. Eine rankende Pflanze mit dem Tonga-Namen Ntindi (Neorautanenia brachypus) wird zur Entwurmung von Farmtieren eingesetzt und ihre Wurzelknolle, die um die 15 kg schwer werden kann, wird während Trockenheit ausgegraben um die Tiere am Leben zu erhalten.

In Kasisi selbst ist Ende Januar der Vize-Direktor in Rente gegangen, ein weiterer Wechsel auf der Leitungsebene im KATC, den es abzufedern gilt. Zunächst wird diese Stelle nicht neu besetzt. Stattdessen soll mit der Stelle des Programm-Managers, die Fr. Dondo seit November letzten Jahres innehat, und der zu besetzenden Stelle des Business Development Officers jeder Bereich in KATC einen eigenen Leiter bekommen. Es ist eine Chance, KATC umzustrukturieren und eine flachere Hierarchie einzuführen. In der Zwischenzeit landet allerdings viel mehr auf meinem Schreibtisch.

Neue Felder, neue Chancen

Die Ernte in Kasisi ist in diesem Jahr nicht gut und nicht schlecht. Der Regen, der sehr spät eingesetzt hat, war hier aber ausreichend, um alle Früchte gut abreifen zu lassen. Wir ernten Soja, Mais, Sonnenblumen, Kabulangeti-Bohnen und Sunhemp. In manchen Dörfern der Umgebung war das allerdings nicht der Fall. Auf den sandigen Böden mit konventioneller Mais-Monokultur und schlechterem Regenfall erinnern die Pflanzen eher an Zwiebeln als an Mais. Wir müssen in den nächsten Wochen sehen, wie sich die Ernährungssituation in den Dörfern entwickelt, das ist im Moment noch schwer abzuschätzen.

Das Charis Projekt ist vor zwei Wochen umgezogen. Wir haben eine alte Bewässerungsanlage wieder instandgesetzt. Jetzt haben die Gemüsebäuer:innen ihr eigenes Feld und können selbständiger agieren. Ziel ist es, mit der Zeit eine eigenständig funktionierende Kooperative zu schaffen. Mit dem Umzug sind aber auch einige wichtige Neuerungen verbunden, um das Projekt wirtschaftlich tragfähiger zu machen. Die Gruppe der 100 Farmer wurde auf 50 derjenigen reduziert, die ernsthafter engagiert waren. Damit hat sich der Frauenanteil im Projekt noch einmal erhöht. Das Feld ist zentraler in der Farm gelegen, eine Mauer soll helfen, Diebstahl zu unterbinden, außerdem ist es hier möglich, eine eigene Frischwasseranbindung zu schaffen. Nach 4 Monaten wurde in der Osterwoche endlich auch der Anhänger fertiggestellt und ist jetzt bereit, das Gemüse in die Stadt zu transportieren.

Praktische Fähigkeiten und Führungskompetenzen

Seit Februar laufen die Online-Kurse für das Diploma Programm in Agroecology. Im Juni kommen dann die knapp 45 Studierenden für einen Monat nach Kasisi, um die praktischen Module zu absolvieren und Examen zu abzulegen. Für uns in Kasisi wird das definitiv eine spannende Zeit.

Neben dem Diploma Programm als Online-Kurs haben wir auch einen kleinen Pilot gestartet. Vier junge Absolventen eines Zertifikats in Land­wirt­schaft bleiben die ganze Zeit in Kasisi, sie nehmen auch an den Kursen teil, versuchen aber gleichzeitig eine eigene Geschäftsidee zu entwickeln und umzusetzen. Ziel ist es, neben dem vertieften Wissen in Agroecology auch praktische Fähigkeiten und Führungskompetenzen zu vermitteln. Die Jugendlichen sollen so befähigt werden, selbst kreative Lösungen für die gravierenden Probleme, denen sie gegenüberstehen, zu entwickeln.

Claus Recktenwald SJ

KATC: Sambias Hoffnung ist grün

Das Kasisi Agricultural Training Centre (KATC) in der Nähe von Lusaka ist ein Zentrum der Jesuiten in Sambia zur Förderung der ökologisch-nachhaltigen Landwirtschaft durch Modellprojekte und entsprechendes Training von Bauern. Eine Recycling-Initiative verringert Müll und schafft neue Einkommensquelle

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