– Vietnam

Begegnung in den Bergen

P. Stefan Taeubner SJ hat im Februar 2025 den Norden Vietnams bereist und berichtet über Glauben und Kultur des Volks der H´Mong – und eine junge, dynamische Kirche, die bescheiden bleibt.

Nur eine knappe Stunde geht der Flug von Hanoi bis ganz in die nordwestliche Ecke Vietnams ins gebirgigen Hochland bis nach Dien Bien Phu. An diesem Ort hatte die französische Kolonialarmee 1954 eine vernichtende Niederlage gegen die revolutionäre Befreiungsarmee unter Ho Chi Minh erlitten, die kriegsentscheidend wurde. Heute ist der Ort Museum und Gedenkstädte, auch für die vielen Tausend Opfer dieses schrecklichen Krieges. Von dort fahren wir noch mal viele Stunden mit dem Auto über einen 1350 m hohen Pass, bis wir endlich die Pfarrei Muong La erreichen, weit abgelegen zwischen hohen Bergen in der Provinz Son La.

Ein Leben am Rande

Am Abend werden wir köstlich bewirtet, und dann stellt uns der Pfarrer die ca. 30 Jungen und Mädchen aus den Bergvölkern vor, die hier im Pfarrzentrum wohnen, damit sie in der Stadt die Oberschule besuchen können. Die Jugendlichen habe sich dafür extra ihre traditionelle Kleidung angelegt und tragen uns einige Lieder zur Begrüßung vor. Unsere erste Begegnung mit dem Volk der H´Mong.

Ursprünglich stammen die H´Mong aus Südchina, wo sie in abgelegenen hohen Tälern ein relativ eigenständiges Leben führten. Mit der kommunistischen Revolution kamen sie zunehmend unter Druck und wanderten über die Berge nach Vietnam ein, wo sie in den hohen Berglandschaften immer noch viel unbewohntes Land fanden und sich niederließen.

Während des Vietnamkrieges wurde sie zu Hilfsdiensten herangezogen und dienten sich dabei mal der kommunistischen, mal der französischen oder amerikanischen Seite an, je nach den besseren Bedingungen, die ihnen versprochen wurden. Das brachte ihnen von Seiten der neuen Regierung in Hanoi wenig Vertrauen und Respekt ein. Größere Flüchtlingsgruppen leben heute im westlichen Ausland, besonders in den USA.

Entdeckung des Glaubens

Am Sonntagmorgen brechen wir um 8 Uhr mit zwei geländegängigen Autos von der Pfarrei auf. Wir wollen heute eine Messe in einem Bergdorf der H´Mong mitfeiern. Zunächst geht es mit einer altersschwachen Fähre über den wunderschön türkisfarbenen Fluss Da und dann weiter auf einer schmalen, holprigen Gebirgsstraße immer höher, bis wir endlich nach über zwei Stunden Fahrt das auf 1.400 Meter Höhe liegende Gebirgsdorf erreichen.

Von überall her strömen die Menschen in der Morgensonne zum Gottesdienst, festlich anzusehen in ihren buntbestickten traditionellen Gewändern. Oft müssen sie von ihren verstreuten Berghöfen ebenfalls Stunden zu Fuß bis zu diesem Kirchort laufen. Die schlichte Holzkirche ist überfüllt, draußen drängen sich Frauen mit kleinen Kindern.

Der Gottesdienst ist in der eigenen Volksspräche, die mich von Hören mehr an Chinesisch erinnert. Der vietnamesische Priester hat schon etwas gelernt, seine Predigt wird aber von einem einheimischen Katecheten übersetzt.

Zurzeit, so erzählt uns später der Bischof dieser Diözese, wenden sich die H`Mong in großer Zahl der katholischen Kirche zu. Allein in einem Jahr gab es 8.000 Erwachsenentaufen. Allerdings leben die Menschen unglaublich weiter verstreut in den Bergen und in ihrer traditionellen Subsistenzwirtschaft sehr arm. Kleine Kirchen an verschiedenen Orten werden gebraucht und vor allem Ausbildung von einheimischen Katecheten, die später in ihrem Volk selbst den Glauben verbreiten können. Die wenigen und sehr engagierten jungen Priester, die wir auf unserer Reise treffen, können die Mission sicher nicht allein tragen. In den größeren Orten werden kleine Internate eingerichtet, damit die Jugendlichen aus den Bergen weiter zur Schule gehen können.

Tradition und Aufbruch

Auch dafür bittet die Kirche unter den H´Mong um finanzielle Unter­stützung. Wie werden die Jugendlichen, die jetzt in der vietnamesischen und damit zunehmend „westlichen“ Kultur unterrichtet werden und aufwachsen, später mit der alten Lebensweise ihres Volkes zurechtkommen? Werden sie gute Brückenbauer sein? Denn sicher kann heute bei der immer schnelleren Entwicklung ein bloßes Aufsichzurück­bleiben für die H`Mong keine Zukunftsperspektive sein.

Die Lehre von der „Inkulturation des Glaubens“ in jede Kultur, die die Jesuiten schon seit langem praktizieren, könnte hier ein wegweisender Leitgedanke sein, um beides alte Traditionen und moderne Lebensweisen miteinander zu verbinden.

Wir besichtigen nach dem Gottesdienst noch etwas die Umgegend und sehen ein großes Holzkreuz auf einem kahlen Hügel: „Hier soll künftig ein Friedhof entstehen, erklärt der Pfarrer, „und auch eine größere Kirche aus Steinen, die wir in der Umgegend finden können.“ Nach traditionellem Brauch kennen die H´Mong keinen Beerdigungs-ritus und keinen speziellen Ort für ihre Toten. Die Seele der Verstorbenen aber, davon sind die Menschen seit Generationen überzeugt, leben weiter, dort irgendwo hinter den hohen Bergen… So heißt es in ihren Sagen.

Bildung statt Prachtbauten

Dankbar für die freudige Begegnung in luftiger Höhe verlassen wir die Bergpfarrei wieder. Zusammen mit dem Bischof und einem Vertreter unserer Spenderinnen und Spender aus Deutschland besprechen wir ein paar Tage später die Situation und hören seine Bitten um Unter­stützung. Bischof Dominikus Hoang Minh Tien sieht seine Kirche als jung und dynamisch. Gleichzeitig möchte er bescheiden bleiben und keine Prachtbauten errichten: Die Menschen und ihre gute Ausbildung gehen immer vor, betont er.

Im Juni 2025 konnte eine erste Rate von 10.000 Euro über jesuitenweltweit überwiesen werden, die die Jungend- und Katechistenarbeit in den Pfarreien unterstützen wird.

Dank allen Gebern dafür.

P. Stefan Taeubner SJ

Spenden & helfen

Unterstützung für Vietnams junge Kirche:

Tadihoc macht Schule

Tadihoc ist Vietnamesisch und bedeutet so viel wie: „Lass uns zur Schule gehen!“ Ein Sozialprojekt der Jesuiten in Vietnam unterstützt Kinder und Jugendliche im Süden Vietnams, um ihr Recht auf Bildung durchzusetzen

Spenden & helfen

Ihre Spende hilft

Jetzt online spenden

jesuitenweltweit

Liga Bank
IBAN:DE61 7509 0300 0005 1155 82
BIC:GENO DEF1 M05