Seit Beginn des russischen Angriffskriegs steht das Exerzitienhaus der ukrainischen Jesuiten in Khmelnitsky, 278 Kilometer südwestlich von Kiew, Geflüchteten offen. Nach dem Chaos der ersten Wochen ist etwas Ruhe eingekehrt, doch es droht eine neue Flucht-Welle aus den umkämpften Gebieten im Osten des Landes:
"Die letzten 2 Monate waren in Khmelnitsky sehr intensiv. Bereits zu Beginn des Krieges wurde das örtliche Exerzitienhaus zu einer Anlaufstelle für Flüchtlinge. Täglich kamen bis zu 70 neue Leute an und bekamen eine warme Mahlzeit und Zimmer mit frischer Bettwäsche. Nach ein oder zwei Nächten zogen diese Leute weiter Richtung Westen. All dies erforderte einen hohen organisatorischen Aufwand und eine effiziente Verwaltung. Die Arbeit fand in der Ungewissheit des Krieges und inmitten ständig ertönender Luftalarme wegen anfliegender Raketen statt. Die Alarme waren besonders heftig, da sie den Schlaf raubten – für uns alle die einzige Ruhephase des Tages.
Etwa drei Wochen nach Kriegsausbruch änderte sich die Situation. Zunkächst kamen weniger Menschen an, doch bald wurden humanitäre Korridore geöffnet und viele Menschen aus Mariupol kamen nach Khmelnitsky. Diese Menschen hatten die Schrecken des Krieges besonders hart erlebt und brauchten ganz dringend einen Ort, an dem sie endlich bleiben können. Einige von ihnen entschieden sich, weiter zu gehen, in die Westukraine; viele beschlossen jedoch, in Khmelnitsky zu bleiben. Leider wurden die leerstehenden Wohnungen schnell vermietet, oft zu überhöhten Preisen, doch es gab auch viele Momente der Solidarität.
In dieser Situation haben wir im Exerzitienhaus begonnen, Geflüchtete für längere Zeit aufzunehmen. Wir haben einen Gemeinschaftsraum geschaffen, in dem Flüchtlinge fernsehen, sich unterhalten oder spielen können. Auch ein Polnischkurs wurde organisiert. Die Bewohner des Hauses engagieren sich auch gerne bei verschiedenen Arbeiten rund um den Unterhalt des Hauses.
Das letzte Mal war etwas ganz Besonderes, da Ostern gefeiert wurde. Die Bewohner beteiligten sich an der Liturgie, der eine kurze Katechese vorausging, die jeden Tag des Triduums vorstellte. Die Feierlichkeiten gipfelten in einem festlichen Osteressen. Die festlichen Speisen waren eine angenehme Überraschung, zumal sich die Bewohner an einfacheres Essen gewöhnt hatten. Aber noch wichtiger war die tolle Atmosphäre.
Das Flüchtlingshaus in Khmelnitsky wird dank des Engagements einer Gruppe von Freiwilligen und der Gemeinde betrieben. In den letzten Monaten hat es bereits mehr als 1.000 Menschen aufgenommen. Die Situation ist jetzt ruhiger als zu Beginn des Krieges, aber es ist immer noch eine Arbeit unter Kriegsbedingungen, und Berichte von der Front deuten darauf hin, dass wieder bald mehr Menschen in Razum Khmelnitsky ankommen könnten."
Die Jesuiten von Khmelnitsky
Nach der Flucht: Ankommen, Fuß fassen
Selbst wenn der Krieg in der Ukraine enden sollte, können viele Geflüchtete nicht in ihre zerbombten Heimatorte zurückkehren. Nach den Nothilfe-Maßnahmen der ersten Kriegsmonate unterstützen wir unsere Partnerorganisationen in Osteuropa jetzt bei der Integration der Vetriebenen in den Aufnahmeländern. Es geht um Wohnraum, Jobs und Sprachkurse