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 – Advocacy

Essen retten, bis die Polizei kommt

Mit öffentlichem „Containern“ als Aktion zivilen Ungehorsams hat Jesuitenpater Dr. Jörg Alt SJ am Dienstag, 21.12., ein Zeichen gesetzt gegen massenhafte Lebensmittelverschwendung und wurde während der Aktion in der Nürnberger Innenstadt angezeigt.

Nach einer ersten Aktion am 8. Dezember, bei der an zehn Orten in Deutschland gerettetes und containertes Essen verschenkt wurde, haben Nürnberger Aktivist:innen kurz vor Weihnachten den Druck auf die Bundesregierung erhöht, dem massenhaften Wegwerfen von Lebensmittel durch Supermärkte Einhalt zu gebieten.

Jesuitenpater Dr. Jörg Alt SJ hat am Dienstag, 21. Dezember, mit einer weiteren öffentlichen „Aktion zivilen Ungehorsams“, nämlich dem Verschenken „containerter“ Lebensmittel auf dem Gelände eines Supermarkts in der Nürnberger Innenstadt, die Polizei auf den Plan gerufen und eine Anzeige kassiert.

Der Wegwerfmentalität ein Ende setzen!

„Lebensmittelüberproduktion, -verschwendung und -vernichtung sind ein Skandal. Dass das Retten von weggeworfenen Lebensmitteln den Straftatbestand des Diebstahls erfüllt, ist ein zweiter Skandal. Beides ist Ausdruck eines Wirtschaftssystems, das Privateigentum und den Profit weniger über den realen Bedarf der vielen setzt. Wir fordern ein Gesetz, dass dem verfassungsrechtlichen Gebot der Sozialpflichtigkeit von Eigentum (Art 14,2 Grundgesetz) sowie der Verantwortung des Staates für die künftigen Generationen und die natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 20a Grundgesetz) gerecht wird und wie es in anderen Ländern schon existiert. Die neue Bundesregierung verspricht in ihrem Koalitionsvertrag, hier tätig zu werden.

Mit dem „Aufstand der Letzten Generation“ fordere ich: Umsetzen. Sofort. Und zwar als ersten Schritt in eine umfassende und angesichts der Zukunft tragfähigen Agrarwende. Dann leistet Deutschland einen wirksamen Beitrag gegen Hunger, Arten­sterben, Übernutzung und Verschmutzung von Ressourcen sowie den Klima­wandel. Wie auch Papst Franziskus sagt: „Wir müssen der Wegwerfmentalität ein Ende setzen, wir, die wir den Herrn um das tägliche Brot bitten. Die Verschwendung der Lebensmittel ist mit schuld am Hunger und am Klima­wandel.‘“

Jörg Alt SJ

Ziel der Aktion:

  • Durch das vorsätzliche Entwenden herrenloser, erkennbar zur Vernichtung ausgesonderten Lebensmittel wird auf das Problem von Lebensmittelüberproduktion, -verschwendung und -vernichtung aufmerksam gemacht. Dabei kann es sich laut Bayerischer Rechtsprechung um einen Diebstahl nach § 242 StGB handeln. Bei entsprechender Anzeige ist die Polizei laut Legalitätsprinzip zur Ermittlung der Straftat verpflichtet.
  • Die Aktion soll eine öffentliche Diskussion bewirken ebenso wie eine gesetzliche Klarstellung, dass es sich beim Retten von Lebensmitteln nicht länger um Diebstahl handelt. Ein Lebensmittelrettungsgesetz soll Verschwendung und Vernichtung entlang der Produktions- und Lieferkette reduzieren. Es soll, wie in Frankreich oder Tschechien, sicherstellen, dass verwertbare Lebensmittel an Bedürftige gespendet werden und in der Bevölkerung Bewusstsein und Wissen bezüglich des Umgangs mit Lebensmitteln wachsen.
  • Die neue Bundesregierung hat eine entsprechende Absichtserklärung auf S. 45 des Koalitionsvertrags implementiert und wird zur sofortigen Umsetzung aufgefordert. Damit leistet Deutschland einen konkreten Beitrag gegen Hunger, Arten­sterben, Übernutzung und Verschmutzung natürlicher Ressourcen sowie den Klima­wandel als ersten Schritt hin zur Agrarreform, die zukünftigen Herausforderungen angemessen ist.

Bei der Aktion handelt es sich um zivilen Ungehorsam, also den symbolischen und bewussten Bruch einer einzelrechtlichen Norm (Strafrecht-Diebstahl) unter Verweis auf höhere rechtliche Normen (Grundgesetz – Sozialpflichtigkeit des Eigentums) und den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Bayerischen Rechtsprechung vom 5. August 2020. Laut einem zur Aktion angefertigten strafrechtlichen Gutachten ist bei der bestehenden Gesetzeslage „von einer Strafbarkeit des Pater Dr. Jörg Alt SJ wegen Diebstahls auszugehen.“


Ausführliches Q&A zum öffentlichen Containern und den Hintergründen in der Pressemitteilung (pdf)

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