Mit öffentlichem „Containern“ als Aktion zivilen Ungehorsams hat Jesuitenpater Dr. Jörg Alt SJ ein Zeichen gesetzt gegen massenhafte Lebensmittelverschwendung und wurde während der Aktion in der Nürnberger Innenstadt angezeigt.

 – #essenrettenlebenretten

„Es kommt Bewegung in die Sache“

Unter dem Hashtag #JesuitundDieb hatte seine Aktion gegen Lebensmittelverschwendung im Dezember Schlagzeilen gemacht und eine breite Diskussion losgetreten: Einen Monat nach seiner Selbstanzeige wegen „Containerns“ und dem öffentlichen Verteilen von geretteten Lebensmitteln zieht Dr. Jörg Alt SJ eine erste Bilanz.

Am 21. Dezember 2021 habe ich Selbstanzeige wegen Diebstahls aus Müllcontainern von Supermärkten erstattet. Das Ermittlungsverfahren hängt seitdem irgendwo zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft, dafür kommt umso mehr Bewegung in die Politik, die ich explizit angeschrieben und zum Handeln aufgefordert haben. Nochmals zur Erinnerung: Alles fand im Rahmen bundesweiter Aktionen des „Aufstands der Letzten Generation“ statt, gefordert wird

  • die Entkriminalisierung des „Containerns“
  • ein Essen-Retten-Gesetz und
  • das Umsteuern hin zu einer klimawandelresilienten Agrarwirtschaft

Reaktionen aus der Politik

Die erst politische Partei, die sich hinter mich stellte, war noch am Tag selbst die ÖDP, die freilich den Nachteil hat, dass sie weder im Landtag noch Bundestag vertreten ist. Hinsichtlich der Parlamentsparteien habe ich am 29.12. an die Spitzen der Ampel-Parteien in Berlin, sowie am 4. Januar 2022 Mails an die Fraktionen von Bündnis 90/Grüne, FDP, FW und SPD im Bayerischen Landtag geschickt. Alle erhielten sodann am 13.01. eine Erinnerung, dass ich bis zum 20.1.2022 auf eine Antwort hoffe.

Hier nun das Siegertreppchen, zunächst auf Bundesebene:

  1. Klarer Platz 1 für Bündnis 90/die Grünen. Schon am 26.12. twitterte Renate Künast ausdrückliche Unter­stützung für mich. Cem Özdemir erklärte am 31.12. die Bestrafung von Containern als „absurd“ und brachte zudem das Thema „Umgang mit Lebensmittel“ hoch auf die Agenda. Und es gibt den im Internet viral gegangenen Ausspruch von Canan Bayram in der Plenardebatte am 12. Januar, die Containerer als Helden bezeichnete, die sie feiern wolle. In vertraulich-nicht öffentlichen Zuschriften an mich wird betont, dass man sowohl an der Entkriminalisierung des Containerns als auch einem Lebensmittelrettungsgesetz arbeiten wolle und die Empfehlungen des Bürgerrats Klima ausdrücklich begrüße.
  2. Platz 2 geht an die SPD, die mir in einer vertraulich-nicht öffentlichen Mail darlegt, wie der Diskussionsstand und Konfliktverlauf während der Koalitionsverhandlungen und aktuell sind. Die SPD betont, dass für sie die Inhalte des Positionspapiers „Lebensmittelverschwendung auf allen Ebenen bekämpfen“ nach wie vor gelten.
  3. Platz 3: FDP. Von dort erhielt ich bislang lediglich eine Eingangsbestätigung meiner Mail durch das Bundestagsbüro von Christian Lindner.

Aus einer gewöhnlich zuverlässigen Quelle habe ich zudem gehört, dass sich der Rechtsausschuss des Bundestags mit dem Thema bereits befasst hat und als Problem v.a. die Haftungsfrage der Märkte angemerkt hat. Darüber sei man mit dem Bundesministerium der Justiz nun im Gespräch. Zusammenfassend halte ich die Beteuerungen von Bündnis 90/Grüne und SPD für glaubwürdig, dass es ihnen ernst ist, Containern zu entkriminalisieren, ein Lebensmittelrettungsgesetz voranzubringen und eine Agrarreform anzugehen, die uns besser auf die Herausforderungen durch Klima­wandel und Artenstreben vorbereitet.

Und jetzt Bayern, hier gibt es zwei erste Plätze:

  1. Zunächst die Freien Wähleraufgrund ihrer schnellen, öffentlichen und eindeutigen Unter­stützung für mein Vorgehen am 28.12. Dass sie zu den Inhalten stehen, bestätigte mir Florian Streibl in einem Telefonat am 17.1., in dem auch über Maßnahmen gegen Lebensmittelverschwendung allgemein gesprochen wurde.
    Auch Bündnis 90/Die Grünen verdienen einen ersten Platz: Die bayerische Co-Parteivorsitzende Eva Lettenbauer positionierte sich zunächst am 5.1. auf ihrem Twitter-Account öffentlich zu mir und meinen Forderungen. Am 19.1. folgte eine öffentliche Unter­stützung per Pressemeldung.
  2. Platz 2 belegt die FDP. Deren Fraktionsvorsitzender, Martin Hagen, teilte mir in einer Mail mit, er begrüße die Absprachen des Koalitionsvertrags und würde mein Anliegen an Marco Buschmann weiterleiten.
  3. Platz 3 für die SPD: Ein Fraktionsmitarbeiter teilte mit, es werde geprüft, ob eine interfraktionelle Initiative hilfreich sei.

Zusammenfassend macht mir die klare öffentliche Positionierung von FW und Bündnis90/Die Grünen Hoffnung, dass es tatsächlich zu einer abgestimmten, Parteien-Übergreifenden und den Koalition-Oppositions-Graben überbrückenden Initiative zur Unter­stützung meiner Aktion kommen könnte, um jenen, die in Berlin für die Umsetzung meiner Forderungen zuständig sind, den Rücken zu stärken. 

Ich wiederhole abschließend das schon oft Gesagte: Sobald meine Forderungen umgesetzt sind, werde ich allem zustimmen, was Justiz von diesem Verfahren befreit und ihnen Kapazitäten für wichtigere Dinge frei setzt.

Und sonst?

Unter­stützungserklärungen kommen weiter, gestern etwa von der Evangelischen Stadtkirche Nürnberg, das Medieninteresse hält erfreulich an, meine Twitter-, Facebook- und Instagram- Accounts wachsen weiter, ebenso der Spendenfluss für meine Verteidigung – also: Alles ist auf sehr gutem Weg.

Last not least: Auch heute wird es deutschlandweit zu Container-Aktionen, Lebensmittelverteilungen und Selbstanzeigen kommen: Karlsruhe, Heidelberg, Stuttgart, Bayreuth...

Jörg Alt SJ

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