– Marokko

Begleiten, ausbilden, aufs Leben vorbereiten

Eine Alternative zur Reise ins Ungewisse: Das Centre Baraka im nordmarokkanischen Nador gibt Hunderten Jugendlichen Perspektiven jenseits einer risikoreichen Flucht in die EU. Zahlreiche Bildungsangebote sind das Rüstzeug für eine gute Zukunft in ihrer Heimat.

Das Centre Baraka leistet sozialpädagogische Stadtteilarbeit in der ostmarokkanischen Hafenstadt Nador, der Grenzstadt zur spanischen Enklave Melilla. Gegründet wurde es 2009 von der Erzdiözese Tanger sowie kirchlichen und weltlichen Bildungs- und Entwicklungsorganisationen, vor allem aus Spanien. Safae Azou ist seit 2011 Direktorin des Centre Baraka und berichtet über die Arbeit vor Ort.

Wofür steht Baraka?

„Baraka“ ist das arabische Wort für Segen. Als soziales Projekt ist der Name wichtig für uns. Unser Zentrum befindet sich in der katholischen Kirche von Nador. Es bietet Bildungschancen für vernachlässigte Jugendliche und bekämpft soziale Ausgrenzung und Fluchtursachen. Das Zentrum steht allen offen. Wir begannen mit 100 Lernenden. Jetzt haben wir drei Abteilungen. Allein im Bereich Berufsausbildung sind derzeit 175 Jugendliche eingeschrieben, je zur Hälfte Frauen und Männer. Mehr als 400 Menschen lernen eine Sprache bei uns und in der Abteilung für die Förderung der Frauen haben wir bis zu 650 Teilnehmerinnen.

Frauen vernetzen

Wie ist das Zentrum organisiert?

In unseren drei Abteilungen bilden wir, ein Team von 25 Mitarbeitenden, junge Frauen und Männer im Alter von 15 bis 30 Jahren aus. Wir machen Angebote im Koch-, Back-, Elektro- und Sanitärhandwerk, bieten Sprachkurse in Arabisch, Französisch, Spanisch und Englisch an und vermitteln Informatikkenntnisse. Wir bilden die Jugendlichen parallel in zwei Gruppen aus: Während die eine Gruppe bei uns im Zentrum ist und Theorie- und Praxis- unterricht erhält, lernt die andere Gruppe das Arbeitsfeld in lokalen Unternehmen kennen. Im Ausbildungsjahr werden unsere Teilnehmenden qualifiziert, aber auch gesellschaftlich integriert.

In der Abteilung zur Förderung von Frauen haben wir Werkstätten nur für Frauen. Das sind Räume für Handarbeitstechniken wie Sticken, Töpfern, Schneidern und Nähen, die Backstube und die Küche sowie ein Unterrichtsraum für Frauen. Dort erhalten die häufig alleinstehenden Mütter Wissen und Unter­stützung zur Erziehung und Versorgung ihrer Kinder sowie Zugang zur Kinderbetreuung.

Diese Abteilung wird von Ordensschwestern geführt. Sie ging aus einer Beobachtung hervor: Die Schwestern versorgten arme Kinder mit einem täglichen Essen und tun es noch immer. Diese Kinder wurden von ihren Müttern abgeholt. Die Schwestern erkannten, dass auch die Frauen Unter­stützung brauchen. Unsere Bildungsangebote helfen ihnen, Kontakte zu knüpfen, sich zu ermächtigen, um aus ihrer Lage herauszukommen. Denn man muss ein Diplom haben und eine Ausbildung, um Arbeit zu finden, um respektiert zu werden. Das ist auch gut für die Kinder.

Wege in eine bessere Zukunft

Mit welcher Motivation lernen die jungen Menschen Fremdsprachen?

Es gibt ganz verschiedene Motivationen. Viele unserer Schülerinnen und Schüler haben Verwandte im Ausland, in Spanien, Belgien oder auch Deutschland. Das schafft eine Verbindung und auch Anknüpfungsmöglichkeiten. Manche lernen eine Sprache, weil sie eine Fami­lienzusammenführung in einem anderen Land anstreben. Und wieder andere möchten im Ausland studieren oder lernen

eine Sprache einfach aus Interesse. In Marokko ist Französisch die zweite offizielle Sprache und Pflichtfach in der Schule. Doch mehr und mehr wird das Französische im Schulunterricht vom Englischen verdrängt. Und bei uns hier nahe dem spanischen Festland ist Spanisch wichtig. Wir unterrichten die Sprachen, damit Menschen in Austausch kommen können. Ob unsere Absolventinnen und Absolventen die gelernte Sprache in ihrem Arbeitsalltag einsetzen, im Ausland leben und arbeiten wollen oder dort ihr Studium fortsetzen, das hängt von jedem Einzelnen ab.

Wie gestaltet sich Ihre Arbeit mit Unternehmen?

Wir haben Vereinbarungen mit Betrieben im Rahmen unserer beruflichen Ausbildungen. Das sind Restaurants, Hotels oder auch Bauunternehmen. Es geht hier vor allem darum, unseren Jugendlichen ein gutes Praktikum anzubieten. Außerdem bietet die nationale Agentur zur Arbeitsförderung Kurse für Bewerbungen an. Wir arbeiten jetzt im zweiten Jahr mit dem nationalen Amt für Entwicklung und Zusammenarbeit zusammen. Das ist eine sehr wichtige Kooperation. Denn damit haben unsere Schülerinnen und Schüler das Recht, am Ausbildungsende eine Prüfung abzulegen und erhalten ein staatliches Diplom. Das schafft noch einmal eine ganz andere Grundlage für ihre Eingliederung in die Arbeitswelt von Marokko.

Was sind die wichtigsten Aspekte Ihrer Arbeit?

Unsere Arbeit ist eindeutig sozial motiviert. Wir begleiten unsere Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer, gerade auch jene in schwierigen Situationen. Uns ist es wichtig, sie gut auszubilden und auf das Leben vorzubereiten. Und wenn sie sich entscheiden, Marokko zu verlassen, dann gut gerüstet und legal mit einem Arbeitsvertrag in der Hand und nicht auf einem der risikoreichen Fluchtwege. So hat sie nicht der kurze Weg über das Wasser ermutigt, sondern es ist ihre Chance, mit einer hervorragenden Ausbildung dorthin zu gehen, wohin es sie zieht. Wir haben nicht das Recht, uns in ihre Lebensplanung einzumischen.

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