Auf dem CPH-Podium: Dr. P. Jörg Alt SJ, Thomas Mütze, Sebastian Brehm, Dr. Siegfried Grillmeyer, Christoph Werwein und Dr. Herbert Kränzlein (v.re.).

 – Steuergerechtigkeit und Armut

„Das Geld liegt auf der Straße“

Am Ende herrschte großer Konsens: Eine starke Finanzverwaltung sei wichtig, sie sei „ein Gerechtig­keitsfaktor und nichts Böses“ (Christoph Werwein), ihre „wichtigste Stellschraube“ sei das Personal (Thomas Mütze), daher „brauchen wir viel mehr Steuerbeamte“ (Dr. Herbert Kränzlein) – und Sebastian Brehm hat sich das Ganze „mit dem Rotstift notiert“, um Finanzminister Söder nochmal daran zu erinnern. P. Dr. Jörg Alt SJ, Autor des Buchs verschenken Milliarden“, freute sich in seinem Schlussplädoyer über die „Grundübereinstimmung“ auf dem Podium, er würde „politische Kompromisse nicht geringschätzen, um ein ungerechtes System zu verbessern“.

Pater Alt und Hausleiter Dr. Siegfried Grillmeyer hatten zu einer Debatte ins Nürnberger Caritas-Pirckheimer-Haus geladen. Diskussionsgrundlage: die Deutschland-Ergebnisse von Dr. Alts Forschungsprojekt zu „Steuergerechtigkeit und Armut“. Neben den globalen und nationalen Herausforderungen der Steuerpolitik im Mittelpunkt seiner Untersuchung: die bayerische Steuerpolitik. Zwar sprudeln die Einnahmen nur so ins Säckel von Finanzminister Söder – Überschuss 2015: über eine Milliarde Euro –, bloß könnten sie noch viel, viel höher sein: Denn die bayerische Steuerverwaltung ist trotz Neueinstellungen im vierstelligen Bereich chronisch unterbesetzt: „Wir verschenken Milliarden, das Geld liegt auf der Straße, und wir dürfen es nicht aufsammeln“, war die für Alts Buch titelgebende Aussage eines anonymen Finanzbeamten. Der hatte einen gigantischen Umsatzsteuerbetrug aufgedeckt, konnte ihn aber wegen Überlastung nicht verfolgen.

„Steuerbeamte bringen deutlich mehr Geld ein, als sie kosten“

Dass die bayerischen Oppositionspolitiker und Finanzexperten ihrer Fraktionen Dr. Kränzlein (SPD) und Mütze (Bündnis 90 / Die Grünen), ebenso wie Werwein, stellvertretender Vorsitzender der bayerischen Finanzgewerkschaft bfg, die gegenwärtige Politik des bayerischen Finanzministeriums auf Basis von Jörg Alts Erhebungen aufs Korn nehmen, war abzusehen. Dass sich – trotz mehrfacher Einladung – kein CSU-Landespolitiker fand, um sich den teils massiven Vorwürfen zu stellen, verwunderte ebenso wenig. Die Zahlen nämlich sprechen eine deutliche Sprache: Gab es 2003 im Freistaat 6906 Großbetriebe, sind es 2016 37.067. Die Zahl der Finanzbeamten hingegen sank im gleichen Zeitraum von 15.143 auf nur mehr knapp 14.800. Für Pater Alt völlig unverständlich, denn: „Steuerbeamte bringen deutlich mehr Geld ein, als sie kosten“ – Einwände der Politik – in diesem Fall der Regierungspartei CSU – „sind nicht überzeugend“.

Einwände, die auch Sebastian Brehm, der als Vorsitzender der Nürnberger Stadtratsfraktion der CSU immerhin eine kommunalpolitische Stimme verlieh, gar nicht erst bemühte. Stattdessen merkte der Steuerberater an, dass es zu wenig fähige Bewerber gebe, die die Ausbildung zum Finanzbeamten durchlaufen wollten. Auch wenn sich Brehm als Einziger der Runde kategorisch gegen vermögenssteuerliche Abgaben aussprach, stimmte er am Schluss in den großen Konsens in Sachen Personal ein.

Wenn die Bemühungen der Opposition und der Finanzgewerkschaften also nicht fruchten, die Finanzverwaltung in Bayern aufzuwerten, schafft es vielleicht Brehm mit seinen Rotstift-Notizen, Parteifreund und Finanzminister Markus Söder davon zu überzeugen, dass Steuerwettbewerb vielleicht kurzfristig, keinesfalls aber mittel- und langfristig als Standortfaktor taugt und schlussendlich immer zu Lasten Dritter geht.

Oder P. Dr. Jörg Alt SJ mit seinem Buch, das am 17. Oktober erscheinen wird.

von Jusitita-et-Pax-Bischof Stephan Ackermann bei der Podiumsdiskussion

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