Afghanistan: Zukunft knüpfen

Not und Instabilität, Willkür und Repression, dazu Zwangsabschiebungen in ein überfordertes Land: Der Druck auf die Bevölkerung wächst in Afghanistan, vor allem leiden Frauen und Mädchen. Ein JRS-Programm, das Bildung und Handarbeit verbindet, ebnet jetzt Hunderten jungen Afghaninnen den Weg in mehr Selbstständigkeit.

Afghanistan: Zukunft knüpfen

Ort:
Herat und Kabul, Afghanistan

Partner:
Br. Sandesh Gonsalves, Direktor des Jesuit Refugee Service (JRS) in Afghanistan

Zielgruppe:

Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft für Frauen und Mädchen rückt in Afghanistan in weite Ferne. Folgen der Repression sind finanzielle Abhängigkeit oder bittere Armut. Parallel spitzt sich die Lage für Rückkehrende dramatisch zu: Seit 2023 werden durch großangelegte Abschiebekampagnen im Iran und in Pakistan Millionen zur Heimreise gedrängt. 

So hilft Ihre Spende:

  • Durch Bildungsprogramme und handwerkliche Ausbildung gewinnen junge Frauen und Mädchen mehr Selbstbewusstsein und Perspektiven für ein eigenständiges Leben im Rahmen ihrer Möglichkeiten

  • 2025 erweitern 193 Frauen in den Skilling Circles ihre unternehmerischen Fähigkeiten. Geplant ist die Eröffnung eigener Verkaufsstellen in Kabul

  • 1.325 Kinder erhalten Zugang zu Alphabetisierungstrainings

  • Ausbau von drei Bibliotheken als geschützte Räume für Bildung und Entwicklung

Rückschritte für Frauen und Mädchen

Seit dem Machtwechsel im August 2021 sind Bildung und berufliche Perspektiven für Frauen zur absoluten Ausnahme geworden. Ende März 2022 verschärfte die De-facto-Regierung die Lage weiter, indem sie Mädchen ab der siebten Klasse den Schulbesuch untersagte. Auch junge Frauen wurden vollständig von den Universitäten ausgeschlossen.

Die wenigen, die weiterhin in Bereichen wie Gesundheit oder Bildung arbeiten dürfen, stehen ebenfalls vor großen Hürden: Für den Weg zur Arbeit benötigen sie in der Regel einen männlichen Begleiter. Dadurch wird es für viele zunehmend unmöglich, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Besonders hart trifft die Entwicklung verwitwete Frauen oder jene ohne männliche Angehörige.

Abgeschoben in die Armut

Seit 2023 verschärfen großangelegte Abschiebekampagnen im Iran und Pakistan den Druck auf Geflüchtete aus Afghanistan, in ihre Heimat zurück­zukehren. Anfang 2025 wurde dieser Druck weiter intensiviert.

Viele hatten bereits vor Jahrzehnten Schutz in den Nachbarländern gesucht; Mädchen und jungen Frauen konnten dort zur Schule gehen und erlebten ein Maß an Freiheit, das es in Afghanistan nicht mehr gibt. Für sie bedeutet die Rückkehr ein neues Leben in Armut, Rechtlosigkeit und Instabilität. Die Aufnahmekapazität Afghanistans ist längst erschöpft, bisher sind bereits 3,4 Millionen zwangsweise zurück­gekehrt. 

Skilling Circles: Sticken, weben, selbstständig werden

Ein ganz besonderes Bildungsprogramm trägt den Namen Skilling Circles. Seit 2022 bietet der Jesuit Refugee Service (JRS) in Afghanistan jungen Frauen im Alter von 16 bis 28 Jahren die Möglichkeit, berufliche Fähigkeiten zu erlernen und sich neue wirtschaftliche Perspektiven zu eröffnen. Die Teilnehmerinnen werden in traditionellen Handwerkskünsten wie Schneiderei, Stickerei, Strickerei und Teppichweberei ausgebildet.

Die Trainings finden in sicheren Gemeindezentren statt, jeweils in kleinen Gruppen von 15 bis 20 Frauen pro Handwerksbereich. Die Machthaber dulden das Programm im Sinne der Kulturförderung, was bedeutet, dass sie durch die Teilnahme nicht in Gefahr sind. 

Die Frauen lernen voneinander, gestalten gemeinsam Produkte, nehmen Aufträge an und erwirtschaften durch den Verkauf ein eigenes Einkommen. Im Jahr 2023 wurde das Programm durch eine virtuelle Partnerschaft mit internationalen Designer:innen erweitert. Diese Kooperation ermöglicht es, moderne Techniken zu erlernen und die Ausbildung zu vertiefen. Die Gruppen werden von JRS-Sozialarbeiterinnen begleitet.

Wendepunkte

Die Teilnehmerinnen gestalten nicht nur ihre Produkte und stellen sie eigenhändig her, sie übernehmen auch Verantwortung für Marketing, Verkauf und Verwaltung. So entwickeln sie sich nicht nur als Handwerkerinnen weiter, sondern wachsen auch zu Führungspersönlichkeiten und inspirierenden Vorbildern in ihren Gemeinden heran. 

Für viele Frauen ist die Teilnahme am Skilling Circles-Programm ein echter Wendepunkt. „In unserer Gemeinschaft gilt es eigentlich als Tabu, an Schulungen und Bildungsmaßnahmen teilzunehmen“, erklärt Fardina, eine der Marketing-Mitarbeiterinnen des Programms. Viele kritische Stimmen begleiteten ihren Weg zur persönlichen Weiterentwicklung. Doch sie blieb standhaft: „Heute bewundern sie mich für meine Arbeit und wünschen sich, dass ihre Töchter in meine Fußstapfen treten.“

Als Teil der weiteren Unter­stützung plant der JRS die Eröffnung von Verkaufsstellen in Kabul und Herat.

Kind sein dürfen

Während sich Frauen beruflich weiterbilden, werden ihre Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren in den JRS-Sozialzentren liebevoll betreut. In den Community Development Centres (CDC) lernen sie Lesen, Schreiben und Rechnen, können spielen, malen und Freundschaften knüpfen. Gleichzeitig werden sie ermutigt, auch später im Leben – trotz aller Herausforderungen – nach Bildung und Selbstbestimmung zu streben. Dabei dienen ihnen die engagierten Frauen des Skilling Circles als inspirierende Vorbilder.

Viele der Kinder kommen aus unterschiedlichen ethnischen Gemeinschaften. In einem Land, in dem Herkunft oft zu gesellschaftlichen Spannungen führt, bieten die JRS-Sozialzentre außerdem einen sicheren Raum, in dem soziale Zusammengehörigkeit, Empathie und gegenseitiges Verständnis gefördert werden.

Zugleich helfen die Programme, den durch Vertreibung und Unsicherheit verursachten psychosozialen Stress zu lindern. „Unser Leben hat sich verändert“, sagt Zahra, ein junges Mädchen mit elf Geschwistern. „Wir konzentrieren uns nicht mehr auf unsere Sorgen, sondern auf Spiele und Geschichten. Das gibt uns Hoffnung.“

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