– 30 Jahre "Casa Ricci"

Hoffnung und Würde wider die Diskriminierung

In diesem Jahr feiert die „Casa Ricci“ ihr 30-jähriges Jubiläum: Am 8. Oktober 1987 kam Pater Luis Ruiz SJ auf der chinesischen Insel Taikam an und sollte das Leben der Menschen, die dort, völlig abgeschnitten von der Außenwelt, buchstäblich ein Leben am Rand der Gesellschaft geführt hatten, für immer verändern...

Das Erbe des „Engels von Macao“

Taikam ist bis heute nur mit dem Schiff zu erreichen. Über Jahrzehnte hatten dort 150 Bewohner ein Dasein ohne Strom, fließendes Wasser, medizinische Versorgung gefristet: Sie waren Aussätzige im ursprünglichen Sinne des Wortes. Lepra-Kranke, die auf die Insel verbannt worden waren. 1986 hatte Pater Ruiz von den Menschen von Taikam erfahren. Ein Jahr später kam der Jesuitenpater, der später als „Engel von Macao“ berühmt wurde zu ihnen. Was als Hilfsaktion für 150 begonnen hatte, hat sich 30 Jahre später, sechs Jahre nach Pater Ruiz’ Tod, zu einem breit aufgestellten Sozialzentrum gemausert, das in dreizehn chinesischen Provinzen, in Myanmar und Vietnam kranken und sozial benachteiligten Menschen hilft.

Zeit für einen Rückblick: „Wer hat uns eigentlich hierher gebracht?“, fragt Pater Ruiz’ Nachfolger Fernando Azpiroz SJ im aktuellen Newsletter der „Casa Ricci“. Die Antwort ist viel älter als 30 Jahre: Nachdem der heilige Franziskus Xavier SJ, der erste Missionar in China, 1552 auf der Insel Sanchuan gestorben war, trat P. Matteo Ricci seine Nachfolge an. Der Namensgeber des Lepra-Werks kam als Scholastiker in den fernen Osten und konnte in der Gesellschaft der Ming-Dynastie Fuß fassen, gewann das Vetrauen einheimischer Intellektueller und einflussreicher Personen. Nicht nur seine mathematischen, geographischen und astronomischen Fähigkeiten beeindruckten die chinesische Elite, sondern auch seine Fähigkeiten als Mittler zwischen den Kulturen: 1601 gelangte Pater Ricci schließlich nach Peking und dort bald auch in die „Verbotene Stadt“, wo er als „europäischer Botschafter“ anerkannt und am kaiserlichen Hof empfangen wurde. 

„Eine Reise zu unseren persönlichen Grenzen“

„Pater Ruiz’ Geschichte war irgendwie anders“, erinnert sich Fernando Azpiroz: „Diejenigen, die ihm in China die Türen öffneten, waren keine Geschäftsleute, Mächtige oder Gelehrte, sondern Lepra- und HIV-Kranke.“ Mehr als 50 Regionalverwaltungen in zehn Provinzen wurden bald auf den „Casa Ricci“-Sozialdient aufmerksam und luden die Mitarbeiter ein, in ihren Gebieten zu wirken.

„Es war eine Reise zu unseren persönlichen Grenzen, weit weg von unseren Komfortzonen“, sagt P. Azpiroz, „sie hat von uns eine große Menge Glauben, Ausdauer und Opfer verlangt.“ Es mangelte häufig nicht nur an Wasser, Elektrizität und befestigten Straßen, oft seien die Einheimischen den ausländischen Jesuiten und ihren Mitarbeitern zunächst verständnislos und ablehnend begegnet. Dazu das unfassbare Leid der Lepra-Kranken: „Ich sah verstümmelte Gliedmaßen, Menschen  ohne Augen, ohne Nasen, ohne Ohren. Die Kranken hatten zwar ein Bett, mussten aber zum Fluss, um ein Bad zu nehmen“: So beschriebt Sister Lissy, eine der vier Ordensschwestern, die Pater Ruiz unterstützten, ihre ersten Eindrücke von der Insel der Lepra-Kranken. Gemeinsam packten sie an: Die Häuser wurden mit Sanitäranlagen ausgestattet, Stromgeneratoren besorgt, regelmäßig kamen Mahlzeiten auf die Tische. Das Leben der Erkrankten besserte sich. Doch erst in den Neunzigerjahren, als feststand, dass Lepra geheilt werden kann, durften die Bewohner zurück aufs Festland, wo sie in modernere Siedlungen umziehen können. Und auch heute ist ihre Lage nicht einfach.

Leprakranke bleiben isoliert

Pater Hans Tschiggerl, Leiter der Jesuitenmission Österreich, war 2016 vor Ort und beschreibt die Situation: „Menschen, die von Lepra betroffen sind, leben oft in entlegenen Leprastationen. Das offizielle Personal für Hautkrankheiten hat Büros in den Bezirksstädten. Wenn es gut geht, kommt hin und wieder ein Arzt, um nach den Kranken zu sehen.“ Einen anderen Ansatz verfolgt Casa Ricci: Basierend auf den Erfahrungenvon Taikam bauen die Mitarbeiter moderne Lepradörfer (Leprosarien) in ganz China sowie in Vietnam und Myanmar auf. Doch auch sie bleiben meist isoliert: „Auch wenn Lepra heute heilbar ist, macht die Krankheit den Menschen Angst. Deshalb leben
von Lepra betroffene Menschen auch heute oft noch in eigenen Dörfern“, erklärt Pater Tschiggerl. Dort müssen sie trotz ihrer physischen Beeinträchtigungen für ihren Lebensunterhalt hart auf auf den Feldern arbeiten, was sich wiederum negativ auf ihre Gesundheit auswirkt. Die Beziehung zur Außenwelt ist in den meisten Fällen begrenzt auf die Kontakte mit den Teams der Stationen für Hautkrankheiten. „Eine wichtige Arbeit besteht daher darin, die geistlichen Schwestern, die bei den Krankenleben und sie betreuen, zu begleiten“, safgt Pater Tschiggerl. 

Liebe als Antrieb und Belohnung

Pater Fernando Aspiroz SJ arbeitet seit 2005 für den Casa Ricci Social Service (CRSS). Unter seiner Leitung wurde 2013 der Geist des CRSS ausformuliert: „Hoffnung geben inmitten der Hoffnungslosigkeit. Würde ermöglichen zusammen mit denen, die an den Rand gedrängt werden.  Diskriminierung besiegen durch den Aufbau von Solidarität.“ Heute sind unter dem Dach des CRSS 50 Programme in 13 chinesischen Provinzen angesiedelt, darunter 
64 Leprastationen und fünf Aidszentren für Kinder und Erwachsene. Etwa 700 HIV-Patienten etwa werden im Red Ribbon Center in der Provinz Guanddong betreut. 2010 haben die Jesuiten gemeinsam mit Jinde Charities auch ein Freiwilligenprogramm ins Leben gerufen. Bisher haben 112 Freiwillige mitgemacht und waren in sieben Jahrgängen im Einsatz in Waisenheimen, Behinderteneinrichtungen, Altenheimen, Kindergärten, Jugendzentren und HIV- oder Lepra-Einrichtungen.  

Pater Azpiroz zieht ein Resümee aus drei Jahrzehnten: „Unsere Belohnung ist weit größer als alle Anstrengungen, die wir in diesen 30 Jahren gemacht haben. Eine Belohnung, die nur diejenigen, die lieben, verstehen können. Denn die Liebe verwandelt sowohl den Geber als auch den Empfänger. Es verwandelt alle und alles. Durch die Liebe werden die Empfänger Geber, und Geber werden auch Empfänger.“

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