– Kambodscha

Ein Sack Reis von globaler Bedeutung

Matthias Wind (19) aus Berlin verbringt als Jesuit Volunteer ein Jahr an der Xavier-Schule im Nordwesten Kambod­schas. Nicht nur der Schulalltag gestaltet sich anders als anders als zuhause: Die letzte Reisernte war schlecht und wirft ein Schlaglicht auf die verheerenden Folgen der Klimakrise im Globalen Süden.

In Kambod­scha sind über 80% der Bevölkerung Bauern und Bäuerinnen. Der Reisanbau ist ein zentraler Bestandteil der Kultur und auch das Landschaftsbild ist von den unendlichen, grünen Weiten der Felder geprägt. Auch in meiner Schule sind die meisten Eltern Farmer*innen oder Fischer*innen. In der Erntezeit wurde mir dieser Umstand noch einmal besonders klar, denn nachdem die Körner (គ្រាប់-kroap) vom Feld kommen, müssen sie getrocknet werden. Im letzten Monat lag also vor jedem Haus ein solches blaues Netz mit den ausgebreiteten Körnern. Manchmal im Garten oder auch gerne mitten auf der Straße.

Nach dem Trocknen wird der unverarbeitete Reis in Säcke verpackt und in einer Fabrik von der Schale befreit und gereinigt. Auch die christliche Gemeinde in Sisophon hat ihr eigenes Reisfeld, doch leider konnte ich nicht bei der morgendlichen Ernte mithelfen, da ich arbeiten musste.

Klima­wandel vernichtet Existenzen

Und? Wie war denn jetzt die Ernte? Leider ziemlich schlecht. An einem freien Tag besuchten wir einige Fami­lien der Scholarship students in den ländlichen Gegenden der Banteay Meanchey Provinz. Alle Fami­lien erzählten uns, dass sie nur halb so viel wie letztes Jahr oder noch weniger einfahren konnten. Der Grund für die Verluste ist ähnlich wie in Deutschland: der Klima­wandel. Die Regenzeit, die von Ende April bis Oktober andauert, brachte zu wenig Wasser und wenn es regnete, dann so heftig, dass die Pflanzen kaputt gingen und die Straßen überflutet waren. Mitten im September gab es dann auch mal zwei Wochen überhaupt keinen Niederschlag, sodass der Boden trocknete und daher den nächsten Schauer nicht schnell genug aufnehmen konnte.

Der Unterschied zu Deutschland ist, dass die kambodschanische Agrarindustrie nicht mit Milliarden-Subventionen nach einer schlechten Ernte aufgefangen wird. Und so trifft es besonders die ärmsten Fami­lien in den ländlichen Regionen, wenn der erhoffte Ertrag ausbleibt. Der fehlende Umsatz führt dazu, dass die Menschen Mikrokredite aufnehmen und sich stark bei den Banken verschulden. Um die Schulden zu begleichen müssen sie ihr Land verkaufen und im nächsten Jahr ernten sie weniger Reis. Dieser Teufelskreis ist natürlich das schlechteste Szenario, welches aber immer öfter eintritt.

Ein Sack Reis von globaler Bedeutung. Die vom Europäischen Parlament ausgerufene Klimakatastrophe hat Auswirkungen auf jeden einzelnen Menschen auf diesem Planeten. Als ich noch vor einem halben Jahr in Berlin zur Schule ging, hatte ich das Gefühl, dass wir noch am Anfang des Klima­wandels stehen und dass wir die konkreten Folgen dieses Prozesses erst in 20 Jahren spüren würden.

Vergiss es!

Wir sind schon mitten drin. Und auch wenn es sich in Deutschland nur ein bisschen wärmer anfühlt, so leiden die Menschen hier in Sisophon und in vielen anderen Teilen der Welt schon heute existenziell unter dem rapiden Wandel des Wetters.

Matthias Wind


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