P. Klaus Väthröder SJ (li.), Leiter der Jesuitenmission Deutschland, mit seinem englischen Kollegen Paul Chitnis.

 – Xavier Netzwerk

„Dienst am Glauben durch Einsatz für Gerechtigkeit“

In dieser Woche kamen führende Vertreter der europäischen, kanadischen und australischen jesuitischen Missionsdienste in Wien zusammen, um im Xavier Netzwerk gemeinsam neue Strategien in den Bereichen Armutsbekämpfung, Flüchtlingshilfe, Bildung, Gesundheit, Ökologie, Menschen­rechte und Pastoralarbeit zu erarbeiten. Im Vorfeld war Paul Chitnis, Prokurator der Jesuit Missions UK, zu Gast in Nürnberg und und erläuterte seine Sicht auf aktuelle Herausforderungen in der Missionsarbeit.

Die Jesuitenmission Großbritannien arbeitet seit über einem halben Jahrhundert. Wie hat sich das Aufgabenfeld im Lauf der Jahrzehnte verändert?

Paul Chitnis: Ähnlich wie in Deutschland ging es zunächst um die Unter­stützung der britischen Jesuiten, die in Afrika und Latein­amerika arbeiteten. 1966 waren über 200 britische Missionare tätig in aller Welt, jetzt sind es noch sechs. Sinn und Zweck unseres Missionsbüros in Großbritannien haben sich mit dieser neuen Situation geändert: In unserem Büro in London arbeiten sieben Menschen. Im vergangen Jahr habe ich versucht, mit der Provinz eine neue Strategie für unser Missionswerk zu erarbeiten. In der Vergangenheit war die Aufgabe der Mission, die Missionare auf ihrer Mission zu unterstützen. Heute geht es für uns darum, die Missionen der Jesuiten zu unterstützen. Das macht nicht nur semantisch einen großen Unterschied. Beim Unterstützen der Missionen geht es darum – das hat die 36. Generalkongregation (GC36) letztes Jahr eindeutig beschieden – dem Glauben zu dienen durch den Einsatz für soziale Gerechtig­keit.

Was bedeutet das konkret für die Arbeit Ihres Büros in London?

Paul Chitnis: Unsere Organisation konzentriert sich auf drei entscheidende Aspekte. Der erste ist der geografische Fokus: Die britischen Jesuiten haben etwa gewachsene historische Verbindungen nach Simbabwe, nach Guayana und auch nach Indien. Der zweite steht in direkter Beziehung zu Enzyklika „Laudato Si“ von Papst Franziskus und seinen Aussagen zur Ökologie: Hier geht es um das Dreiecksverhältnis Gott – Schöpfung – Mensch. Und das ist wie bei den Beinen eines Stuhls: Nimmt man ein Element weg, kracht alles zusammen. Für uns stellt sich also die Frage: Wie können wir unser Leben auf eine nachhaltige Art und Weise führen, um den kommenden Generationen nicht die Erde zu zerstören? Wie können wir unser Leben möglichst einfach halten, um aus der Konsumspirale auszubrechen und die Schöpfung zu bewahren? Für uns als christliche, katholische und jesuitische Organisation ist die ignitianische Spiritualität eine Antwort auf diese Fragen.

Das dritte Gebiet, auf das wir uns fokussieren ist soziale Gerechtig­keit: Wie können wir die Jesuiten dabei zu unterstützen, Leute auszubilden, die eine führende Rolle beim Durchsetzen sozialer Gerechtig­keit einnehmen? Hier geht es nicht nur um das Ausbilden von Eliten, sondern darum, was jeder einzelne von uns in der Familie oder am Arbeitsplatz tun kann. Wie können wir alle zu „Leadern“ werden und Antworten auf Fragen der Ökologie, der sozialen Gerechtig­keit und des interreligiösen Dialogs finden? Die Kirche muss sich neu besinnen, was es bedeutet ein Christ zu sein, ein echtes, authentisches christliches Leben zu führen.

In Großbritannien gehören nur etwa 10 Prozent der Gesamtbevölkerung der römisch-katholischen Kirche an, Tendenz fallend. Was bedeutet das für Ihre Arbeit mit den Spendern?

Paul Chitnis: Auch Leute außerhalb der Kirche erreichen wir am besten, wenn wir als authentische Christen agieren. Es geht um Moral: Wenn du immer mehr haben willst, ist genug niemals genug und du musst etwas jemandem wegnehmen. Wir dürfen uns vor komplizierten Fragen und Auseinandersetzungen nicht wegducken. Auch hier ist Papst Franziskus ein gutes Beispiel.

Früher hat Mission bedeutet: Missionare brechen auf und konvertieren Menschen zum christlichen Glauben. Das ist nicht das heutige Verständnis von „Mission“. Mission ist zu einem säkularen Begriff geworden, Unternehmen und politische Parteien haben auch Missionen. Für uns als Christen muss es heute bei der Mission darum gehen, die frohe Botschaft zu verbreiten und zu überlegen, was sie für die Armen der Welt bedeuten könnte. Bedeutet es, ihnen zu sagen: Eifert uns Westlern nach, und versucht dahin zu kommen, wo wir sind, auch wenn es vielleicht fünf oder sechs Generationen dauert? Ich glaube nicht. Als Christen können wir es nicht akzeptieren, dass Menschen im Hier und Jetzt verhungern und wir müssen jetzt handeln, damit das aufhört. Für uns als jesuitische Organisation sollte das Teil der DNA sein. Denn: Mitgefühl ist aktives Handeln. Das bedeutet nicht nur, festzustellen, dass etwas falsch läuft, sondern zu überlegen, was man dagegen tun kann.

Was sind die aktuellen Herausforderungen der Jesuitenmission?

Paul Chitnis: Wir können nicht über die schlimme Lage der Flüchtlinge im Nahen Osten hinwegsehen. Auch die Situation im Osten Afrikas, Somalia und Südsudan, erfordert unsere Hilfe: Das ist für mich, der viele Jahre in der Region gearbeitet hat, ein großes persönliches Anliegen. Dieses Thema haben wir auch beim Treffen des Xavier Netzwerks auf der Agenda. Insgesamt müssen wir uns auf besseres Netzwerken und Zusammenarbeiten konzentrieren, das wurde auch bei der GC36 deutlich. Die Jesuiten verfügen über große Ressourcen – intellektuell und finanziell – die wir weltweit besser verteilen müssen.

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