Viel Fingerspitzengefühl und Geduld sind notwendig..

 – Kambodscha / Katholikentag 2018

Die Marienschnitzer von Banteay Prieb

Kambod­scha ist unser Schwerpunkt-Land beim Katholikentag in Münster vom 9. bis 13. Mai. Menschen mit Behinderung haben es in dem südsostasiatischen Land besonders schwer und leiden oft unter Diskriminierung. Das Jesuitenzentrum „Banteay Prieb“ bietet ihnen dagegen eine Ausbildung. Im Einsatz sind dort auch Jesuit Volunteers

Eine stilisierte Madonnenfigur mit kunstvoll aufgeklebten Eierschalen – der Sinn dieser eigenwilligen Mariengestalt ist zunächst mysteriös. Hergestellt wird sie in „Banteay Prieb“ in der Nähe von Phnom Penh. In dem 1991 gegründeten „Zentrum der Taube“ des „Jesuit Service Cambodia“ haben bisher mehr als 2.000 Landminenopfer und andere Menschen mit Behinderung eine Berufsausbildung zu Handwerksberufen erhalten. Für die Dauer der Ausbildung wohnen die jungen Leute auch in „Banteay Prieb“.

Eierschalen als Verkaufshit

Die sanft geschwungene Körperform, der leicht geneigte, angedeutete Kopf, das im Oval der Arm-Konturen ruhende Jesuskind der abstrakten Madonnenskulptur wirkt harmonisch. Die Figur scheint aus Marmor zu sein, der allerdings auf den zweiten Blick seltsam anmutet. Prom Sophea, Verkäuferin in dem kleinen Laden mit allerlei christlichem und weltlichem Kunsthandwerk in „Banteay Prieb“, lacht kurz auf. „Die Figur ist aus Holz. Der Marmoreffekt entsteht durch aufgeklebte Eierschalen.“

Die Eierschalenmadonna hat mit Ostern ebenso wenig zu tun wie mit dem kambodschanischen Buddhismus. „Die Kunden wollen das“, sagt Prom Sophea lapidar, die auch Produktionsmanagerin in „Banteay Prieb“ ist. Die 31-Jährige, die seit einem Landminenunfall vor 15 Jahren im Rollstuhl sitzt, weiß nicht, ob die Eierschalenkunst irgendwann die Idee von einem der Jungs war, die in dem Zentrum zu Schnitzern ausgebildet werden. Oder ob die erste eine Spezialanfertigung auf Wunsch eines Kunden war. Jedenfalls wurden die mit Eierschalen beklebten Figuren ein Verkaufshit. „Die gibt es nur bei uns“, sagt Prom Sophea stolz.

Lebensunterhalt und Selbstachtung

Auch Vak Nem kann sich nicht erinnern, wie es zur sakralen Eierschalenkunst kam. Dabei lebt er seit sechs Jahren in „Banteay Prieb“, hat das Schnitzerhandwerk gelernt und avancierte zum Ausbilder. Im Alter von drei Jahren erkrankte Vak Nem an Polio. Seitdem ist er gehbehindert. „Früher habe ich Kühe gehütet. Die Schule habe ich abgebrochen. Dann hörte ich von ’Banteay Prieb’ und bin hierhergekommen“, erzählt der 30-Jährige.

Vak Nem ist ein Vertreter der neuen Generation von Körperbehinderten, die in „Banteay Prieb“ eine Ausbildung und eine neue Lebensperspektive erhalten. „Landminenopfer haben wir kaum noch, seit Kambod­scha weitgehend von Landminen geräumt ist. Heute sind die meisten hier im Zentrum von Geburt an behindert oder durch Krankheit oder Verkehrsunfälle zu Krüppeln geworden“, erzählt Pater Oh-Chang, Leiter von „Banteay Prieb“, beim Mittagessen im Zentrum.

Behinderte haben es in Kambod­scha besonders schwer. „Behinderungen gelten im Buddhismus als Folge eines schlechten Karmas, an dem die Betroffenen selbst schuld sind. Sie werden isoliert, ausgegrenzt und verlieren ihre Selbstachtung“, weiß der Jesuit aus Südkorea. „Bei uns können sie mit anderen Behinderten zusammenleben und einen Beruf erlernen, mit dem sie später in ihren Dörfern Geld verdienen und zum Lebensunterhalt der Familie beitragen können.“

Konvertiert aus Liebe

Christoph Hoffmann ist als Freiwilliger für ein Jahr in „Banteay Prieb“, bevor es an die Uni geht, vielleicht zum Medizinstudium. Der 18 Jahre alte Münchner arbeitet mit der relativ kleinen Gruppe von Jugendlichen mit leichten mentalen Behinderungen. „Die Eltern schämen sich für sie“, erzählt Hoffmann. „Vor allem versuchen wir ihnen alltägliche Dinge wie Körperhygiene, Umgang mit Geld und etwas Land­wirt­schaft beizubringen. Dadurch werden sie etwas unabhängiger und können sich später, wenn sie wieder bei ihren Fami­lien sind, besser in den Alltag integrieren.“

Der Herrgottsschnitzer Vak Nem freut sich schon darauf, die Eierschalenmadonna, andere Marien im traditionellen Angkor-Stil und einbeinige Jesusfiguren als Referenz an die vielen Tausend Landminenopfer Ende Mai beim katholischen Kirchentag in Münster zu präsentieren. Vak Nem, der noch nie weiter als von seiner Heimatprovinz Takeo nach „Banteay Prieb“ gereist ist, sieht die Reise nach Deutschland als großes Abenteuer. „Ich bin nervös, aber freue mich, mal ein anderes Land als Kambod­scha kennenzulernen“, sagt der frisch Verheiratete. Aus Liebe zu seiner Frau, die er in „Banteay Prieb“ kennengelernt hat, ist Vak Nem übrigens vom Buddhismus zum Christentum übergetreten.

Michael Lenz (KNA)

Die Jesuiten beim Katholikentag 2018 in Münster

Projektseite: Sisophon Xavier School Kambod­scha

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