– Provinz Sambia-Malawi

Bewusstsein schaffen für Kinderrechte!

Kinderschutz – „Child Safeguarding“ – war eines der Kernthemen beim Arbeitstreffen des Xavier Network in Nürnberg Anfang März 2019. Die Mitgliedsorganisationen des europäisch-kanadisch-australischen Netzwerks jesuitischer Hilfswerke und NGOs haben ein umfassendes Schutzsystem für Kinder in unseren Projekten beschlossen, das von der irischen Jesuitenmission entwickelt wurde.

Kampf gegen Missbrauch, Gewalt und Ausbeutung

Mit dem “Commitment to Child Safeguarding” (CCS) werden unseren Partnern Mittel zu Verfügung gestellt, eigene Programme zum Schutz von Minderjährigen vor Ort zu entwickeln, anwaltschaftliches Engagement für Kinder und Jugendliche zu ermöglichen und die Mitarbeiter in den Projekten zu schulen und ein Bewusstsein für die Problematik zu entwickeln – ganz gleich ob es um sexuellen Missbrauch geht, um körperliche und emotionale Misshandlung oder um die Ausbeutung der Arbeitskraft von Kindern. Hinzu kommt ein engmaschiges Kontrollnetz, das sicherstellt, dass weltweit entsprechende Maßnahmen getroffen werden.

Das CCS wird im kommenden Jahr in Kraft treten, doch viele unserer Partner haben längst erkannt, dass der Schutz von Kindern ein Kernelement ihrer Arbeit sein muss. Best practice liefert etwa die Provinz Sambia-Malawi: Unter der Leitung des irischen Jesuiten Peter Carroll hat eine Kinderschutz-Kommission schon 2015 verschiedene Maßnahmen veranlasst.

Wir sprachen mit Pater Carroll über Hürden und Erfolge im südlichen Afrika.

Pater Carroll, wie und warum haben sie den Schutz von Kindern und Jugendlichen auf die Agenda Ihrer Provinz gehoben?

Wie überall auf der Welt gab es auch in Gemeinschaften, die wir betreuen, Vorfälle, die das Wohl von Kindern gefährdet haben: Fälle von Missbrauch und Gewalt und Kinderarbeit. 2014 haben wir uns auf eine für alle Einrichtungen gültige Politik geeinigt. Sie wird seit 2015 konsequent umgesetzt und entspricht einem Maßnahmenkatalog, der 2018 von allen afrikanischen Jesuiten-Provinzen beschlossen wurde.

Was tun Sie konkret?

Wichtigster Punkt ist: Bewusstsein schaffen. Wir schulen zwei bis drei Mal im Jahr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Einrichtungen und der Diözesen, die mit Kindern arbeiten. Das machen wir zentral, etwa in unserem Entwicklungsbüro in Lusaka. Dieser Austausch ist sehr wichtig, da erst im Gespräch miteinander bestimmte Dinge klar werden und auch ausgesprochen werden. Etwa was Missbrauch bedeutet, welche Formen es gibt, dass die Täter meist keine Fremden sind, sondern Nachbarn sein können, Verwandte, Lehrer, Kleriker, auch wenn mir in unserer Region kein Fall bekannt ist, wo ein Priester zum Täter wurde. Die Schulungen übernimmt meine Mitarbeiterin Dorothy Hambayi, eine Krankenschwester, die viel Expertise mitbringt. Sie hatte in einer Klinik in Lusaka eine Anlaufstelle für Missbrauchsopfer eingerichtet. Sie geht auch in raus in die Gemeinden und sieht sich die Lage vor Ort an, schult dort die Mitarbeiter, die das Wissen weitergeben.

Arbeiten Sie auch mit Kindern?

Das ist sehr wichtig, auch wenn die Programme erst anlaufen. Wir müssen den Kindern vermitteln, dass sie eine Stimme haben und Rechte. Auf körperliche und seelische Unversehrtheit, aber auch darauf, in die Schule zu gehen, was in Teilen unserer Provinz und in ganz Afrika alles andere als selbstverständlich ist. Ein tolles Beispiel, wie es gehen kann, ist unsere Missionsstation Chikuni: Dort hängen auf den Bäumen überall Plakate, die Kinderrechte proklamieren und den Kindern deutlich machen, dass ihnen keiner etwas zu Leid tun darf, dass es selbstverständlich ist, dass sie in den Unterricht gehen. Diese Aussagen werden auch über Radio Chikuni in die entlegensten Dörfer getragen, mit Wortbeiträgen oder traditionellen Musikstücken, die diese Themen behandeln. Auch in anderen Einrichtungen, etwa in Kasisi oder in der St. Xavier Schule in Lusaka, hängen große Plakate, die unmissverständlich darauf hinweisen.

Was unterscheidet die Ausgangslage in Afrika von der in anderen Regionen der Welt?

Missbrauch, Misshandlung und Ausbeutung von Kindern sind leider weit verbreitet. Das Problem ist sehr virulent, überall bekannt, aber es gab darüber lange keine Diskussion. Offen darüber zu reden, ist ein Tabu.

Warum?

In afrikanischen Gesellschaften haben meist Männer das Sagen. Und sie sind fast immer die Täter. Frauen haben keine Stimme, erst recht nicht Kinder. Dazu kommt die Armut: Kinder werden leicht zu Opfern, wenn sie etwa für sexuelle Gegenleistungen Geld oder etwas zu essen bekommen. Auch Kinderarbeit ist allgegenwärtig. In einem Fall, der mir bekannt ist, hat ein Vater über Jahre seine Söhne zum Viehhüten an andere Bauern „vermietet“.

Gerade auf dem Land sicher keine Seltenheit…

Nein. Und hier müssen wir kultursensibel vorgehen. Erster Schritt muss sein, mit den Betroffenen zu reden. Oft gibt es auch bei den Erwachsenen kein Bewusstsein, dass Kinder nicht arbeiten sollen. Dazu sollten flächendeckend unsere Sozialarbeiter den Umgang mit Kindern im Auge behalten. Wenn Kinder Schaden nehmen, müssen natürlich auch die Behörden eingeschaltet werden. Und wenn es denn nicht anders geht, müssen die Kinder aus den Fami­lien genommen werden. Im äußersten Fall müssen auch die Eltern eingesperrt werden.

Kein einfacher Prozess..

Nein, die Lage ist eine ganz andere als in Europa, wir brauchen Geduld, da etwa Kinderarbeit tiefe gesellschaftliche Wurzeln hat. Auch mit Behörden ist es gerade auf dem Land nicht immer einfach, da die Sensibilität fehlt oder der Dorfpolizist alle Fami­lien kennt oder mit ihnen verwandt ist.

Welche Rolle hat die Kinderschutz-Kommission?

Sie ist ein neunköpfiges Gremium, sieben davon sind Jesuiten. Wir treffen uns drei Mal im Jahr und erörtern den Fortschritt unserer Maßnahmen. Sollte es tatsächlich zu gravierenden Fällen von Verstößen gegen das Wohl der Kinder kommen, treffen wir die entsprechenden Maßnahmen, was Arbeitsverhältnisse und rechtliche Schritte angeht.

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