Watershed: die stille Revolution von Maharashtra

Sozial-ökologische Transformation im Westen Indiens: Watershed-Programme bringen sozialen Wandel und werden zum wichtigen Faktor im Kampf gegen die Klimakrise.

X31224 Watershed

Ort:
Region Ahmednagar in Maharashtra/Indien

Partner:
Social Centre Ahmednagar / Siju Varghese SJ

Zielgruppe:

In den betroffenen Regionen leben meist „Adivasi“, marginalisierte indigene Gemeinschaften, etwa vom Volk der Bhil. Innerhalb des indischen Kastensystems rangieren sie ganz unten. Viele Bhil-Gruppen leben halbnomadisch und jenen, die in Orten mit anderen Ethnien leben, gehört das Land selten selbst, sondern sie müssen sich als Landarbeiterinnen und Landarbeiter verdingen. Der Zugang zu Bildung, Gesundheitseinrichtungen und anderen staatlichen Zuwendungen bleibt ihnen meist verwehrt.

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In den trockenen Regionen Maharashtras muss die Landbevölkerung das Regenwasser an 30 bis 40 Monsun-Tagen „ernten“, damit es für den Rest des Jahres zur Verfügung steht. Watershed beruht auf dem Errichten von Gräben und Dämmen an Hügeln und Hängen. Das verlangsamt die Abflussgeschwindigkeit des Regenwassers, was die Bodenerosion mindert und die Grundwasserpegel steigen lässt. Dadurch ist neue Vegetation auf den Flächen möglich – etwa Wiesen und Gemüsefelder. Zusätzliche Flächen können zwei bis drei Mal jährlich bewirtschaftet werden. Das bringt den Landwirt:innen höhere Ernteerträge und ein besseres Einkommen.

Land ohne Wasser

Akute Wasserknappheit ist eine entscheidende ökologische Herausforderung in Maharashtra. In Indiens drittgrößtem Flächenstaat liegen die mit am stärksten von Dürre betroffenen Regionen des Landes. Rund 82 Prozent der Anbauflächen in Maharashtra werden durch Regenwasser gespeist, doch in den letzten fünf Jahrzehnten haben Dürreperioden um das Siebenfache zugenommen.

Obwohl Maharashtra über die meisten Dämme des Landes verfügt, muss ein Fünftel der landwirtschaftlichen Nutzfläche künstlich bewässert werden. Mit der wachsenden Abhängigkeit vom Grundwasser sinkt dessen Spiegel rapide. Wasserintensive Kulturen wie Zuckerrohr verschärfen die Wasserknappheit. Im April 2016 musste Wasser per Zug in die verbrannten Gebiete von Maharashtra transportiert werden.

Die ausgedehnten halbtrockenen, dürregefährdeten Gebiete von Maharashtra belegen 16,7 Prozent aller gefährdeten Flächen Indiens. Hier beeinträchtigt der Klima­wandel massiv die Ökosysteme und das menschliche Wohlergehen. Mit veränderten Niederschlagsmustern und steigenden Temperaturen wird die Land­wirt­schaft immer unrentabler, insbesondere für Kleinbauernfamilien. Infolgedessen nimmt die Abwanderung in die Städte oder Nachbarregionen auf der Suche nach besseren Einkommensmöglichkeiten zu.

Erhalten und bewirtschaften

Im Jahr 1967 hatte der Schweizer Jesuit Pater Bacher SJ in Ahmednagar das Social Centre ins Leben gerufen, um sich für eine Verbesserung der Lebensbedingungen von Kleinbauernfamilien in den dürreanfälligen Regionen einzusetzen. Mit der Entwicklung des Watershed-Systems fanden Pater Bacher und seine Mitarbeiter eine so einfache wie effektive Lösung gemäß dem Prinzip Erhaltung und Bewirtschaftung.

Nicht nur in technischer Hinsicht wurde Pater Bachers „Ridge-to-Valley“-Modell, das die Topografie der Regionen zum entscheidenden Faktor macht, beispielgebend für Watershed-Projekte im ganzen Land, sondern auch durch eine auf den Menschen ausgerichtete Pädagogik.

Teilhabe bringt Wandel

Bei den Bewohnerinnen und Bewohnern der betroffenen Regionen handelt es sich häufig um „Adivasi“, marginalisierte indigene Gemeinschaften, etwa vom Volk der Bhil. Innerhalb des indischen Kastensystems rangieren sie ganz unten. Der Zugang zu Bildung, Gesundheitseinrichtungen und anderen staatlichen Zuwendungen bleibt ihnen meist verwehrt. Pater Bacher bestand darauf, dass die Menschen von Anfang an bei allen Etappen eines Watershed-Projekts, von der Planung über die Durchführung bis hin zur regelmäßigen Überwachung, aktiv miteinbezogen werden.

Dieses Teilhabe-Prinzip gilt als einer der Hauptgründe für den Erfolg des Programms. Pater Bachers Erkenntnis: Die Gemeinschaften müssen befähigt werden, langfristig selbst die Verantwortung für ihr Projekt zu übernehmen. So werden die Arbeiten systematisch für ein ganzes Dorf bzw. für ein ganzes Einzugsgebiet gemeinsam mit den Menschen vor Ort geplant und von ihnen ausgeführt. Sie müssen wissen, wie natürliche Kreisläufe funktionieren und weshalb es zur Degradierung des Landes gekommen ist. Nur so sind Watershed-Systeme auch wirklich nachhaltig.

Hoffnung für Hunderte Dörfer

Oft können die marginalisierten Gemeinschaften ihre Felder nicht bewirtschaften, da sie nicht über ausreichende Mittel verfügen. Die örtlichen Banken halten die Menschen nicht für kreditwürdig. In diesem Szenario spielt das Social Center in Ahmednagar eine entscheidende Rolle bei der Unter­stützung von Bauernfamilien am Rande der Gesellschaft, indem es für sie bürgt, damit die Bank ihnen zinslose Kredite gewähren kann. Tausende profitierten von diesem Programm.

Das Social Centre hat dieses Modell der nachhaltigen ländlichen Entwicklung bis dato in über 270 Dörfern in Maharashtra umgesetzt. Inspiriert von seinem Gründer, arbeiten die Teams weiterhin schwerpunktmäßig in abgelegenen, unterentwickelten Dörfern. Diese befinden sich meist im Landesinneren, sind nicht an Verkehrsnetze undund andere Infrastruktur angebunden. Bei einem Ortsbesuch stellte der frühere Gouverneur von Maharashtra P. C. Alexander fest: „Hier findet eine echte Revolution statt. Dies ist eine stille Revolution, eine Revolution des Volkes!“

Raus aus der Schuldenfalle

"Als ich nach meiner Heirat in dieses Dorf kam, herrschte eine schwere Dürre. Wir mussten einen weiten Weg zurück­legen, um Wasser zu holen. Nach der Umsetzung des Watershed-Programms stieg der Grundwasserspiegel allmählich an.

Jetzt können wir uns selbst versorgen. Im Durchschnitt werden in unserem Dorf täglich 3.500 bis 4.000 Liter Milch produziert. Die Einkommen sind gestiegen, so dass wir unsere Kinder auf die Schule schicken können. Wir sparen Geld und müssen uns nicht mehr verschulden, um den Bedarf unserer Familie zu decken. Mit kleinen Biogas-Anlagen haben wir jetzt eine nachhaltige Energiequelle für das tägliche Kochen."

Sadhana Gavte, Kalamkarwadi

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